Das BAG hat sich mit Urteil vom 21. März 2024 Az. 2 AZR 79/23 praxisnah zur Zuordnung von Arbeitnehmern zu einem übergehenden Betriebsteil und den Anforderungen an ein fehlerfreies Unterrichtungsschreiben geäußert. Das BAG bestätigt hierbei seine bestehende Rechtsprechung und ändert diese was die Anforderungen an das Unterrichtungsschreiben angeht sogar teilweise zugunsten von Arbeitgebern ab.
Was war passiert?
Der Arbeitgeber formte erst ca. einen Monat vor dem Betriebsteilübergang eine wirtschaftliche betriebliche Einheit, die der Betriebserwerber übernehmen sollte. Der Kläger wurde diesem Betriebsteil durch Versetzung zugeordnet, obwohl er seiner Versetzung nicht zustimmte.
Der Kläger macht geltend, dass sein Arbeitsverhältnis nicht wegen einem Betriebsteilübergang auf den Betriebserwerber übergegangen sei. Im Wesentlichen trug der Kläger vor, dass das Unterrichtungsschreiben fehlerhaft gewesen sei, sodass er auch noch nach knapp über einem Jahr nach dem Betriebsteilübergang berechtigt gewesen sei, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses zu widersprechen.
Entscheidung des BAG:
Das BAG hat zugunsten des Arbeitgebers geurteilt. Das Unterrichtungsschreiben bewertete das BAG als fehlerfrei. Deshalb gelte die nach § 613a Abs. 6 BGB gesetzlich vorgesehene einmonatige Widerspruchsfrist. Im Wesentlichen gab das BAG in seiner Urteilsbegründung folgende für die Praxis besonders wichtigen Hinweise:
Ein Betriebsübergang setzt voraus, dass bereits vor Übergang eine wirtschaftliche Einheit besteht, die auch nach dem Übergang ihre Identität bewahrt. Die übertragene Einheit muss bereits vor dem Übergang über eine ausreichende funktionelle Selbstständigkeit verfügen. Dabei sei unerheblich, wie lange die wirtschaftliche Einheit beim Veräußerer vor dem Betriebsübergang bereits bestanden hat. Sie kann auch allein zum Zweck der Ermöglichung eines Betriebs(teil)übergangs geschaffen werden. Lediglich „betrügerische oder missbräuchliche“ Fälle haben außer Betracht zu bleiben. Der Arbeitgeber habe insofern rechtskonform gehandelt, wenn er erst vor dem Betriebsübergang mittels einer Organisationsänderung in personeller und räumlicher Hinsicht eine hinreichend organisierte, abgrenzbare und selbstständige Einheit geschaffen hat, die in der Lage war, eine wirtschaftliche Tätigkeit mit eigenem Zweck zu verfolgen. Dass der Kläger in diesen selbstständigen Betriebsteil ca. einen Monat vor dem Betriebsübergang versetzt wurde, sei gesetzlich nicht verboten und deshalb nicht zu beanstanden.
Im Hinblick auf das Unterrichtungsschreiben führte das BAG entgegen seiner bisherigen Rechtsprechung plakativ aus: „An den Inhalt der Unterrichtung über die rechtlichen Folgen des Betriebsübergangs dürfen keine im praktischen Leben kaum erfüllbaren Anforderungen dahingehend gestellt werden, wonach das Unterrichtungsschreiben „keinen juristischen Fehler“ enthalten darf.“
Eine Unterrichtung über komplexe Rechtsfragen sei dann nicht fehlerhaft, wenn der Arbeitgeber nach angemessener Prüfung der Rechtslage eine rechtlich vertretbare Position einnimmt. Auch beinhalte die Informationspflicht im Unterrichtungsschreiben keine umfassende Rechtsberatung. Der Inhalt der Unterrichtung soll den Arbeitnehmer nicht über alle ihn möglicherweise treffenden individuellen Folgen des Betriebsübergangs informieren, sondern die maßgeblichen Tatsachen benennen.
Abschließend betonte das BAG, dass jedenfalls die einmonatige Widerspruchsfrist immer dann maßgeblich bleibe, wenn ein etwaiger Unterrichtungsmangel offensichtlich keinen Einfluss auf die Entscheidung des Arbeitnehmers hat, ob der dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widerspricht oder nicht.
Fazit:
Das Urteil des BAG ist aus Arbeitgebersicht erfreulich. Der Kläger versuchte im Unterrichtungsschreiben jeden noch so kleinen Fehler zu finden und ist hiermit gescheitert. Gleichwohl sind Arbeitgeber auch weiterhin gut beraten, möglichst umfassend über den Betriebsübergang zu unterrichten und das Unterrichtungsschreiben mit großer Sorgfalt zu erstellen.