Datenschutzrechtliche Pflichten von Arbeitnehmern und Betriebsratsmitgliedern sind Gegenstand von zahlreichen Diskussionen. Ein aktuelles Urteil des Landesarbeitsgerichts Baden-Württemberg beschäftigte sich mit der außerordentlichen Kündigung eines Betriebsratsmitglieds wegen eines Verstoßes gegen datenschutzrechtliche Pflichten.LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 25.03.2022.
Sachverhalt
Der Kläger war seit 1997 als Entwicklungsingenieur beschäftigt und Mitglied des Betriebsrats. Zwischen Kläger und Arbeitgeber kam es zuvor bereits zu einem Rechtsstreit in einer anderen Sache. Der Kläger veröffentlichte die Prozessakten inklusive der zwischen den Parteien ausgetauschten anwaltlichen Schriftsätze aus diesem früheren Rechtstreit und teilte sie mit einer größeren Personengruppe. In diesen vertraulichen Schriftsätzen waren unter anderem sogenannte besondere Kategorien personenbezogener Daten im Sinne der Datenschutzgrundverordnung (DS-GVO) und des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG), insbesondere auch Gesundheitsdaten der Personen enthalten, wobei die betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch namentlich voll genannt waren. Die Veröffentlichung erfolgte via Dropbox. Bei Dropbox handelt es sich um einen bekannten Internet-Cloud Dienstleister mit Sitz in den USA.
Daraufhin kündigte ihm der Arbeitgeber, nachdem der Betriebsrat zuvor der Kündigung zustimmte.
Der Kläger führte an, dass er keine Kenntnis von einer Vorschrift habe, welche die Veröffentlichung von Prozessakten verbiete. Außerdem rechtfertigte der Kläger die Veröffentlichung damit, dass sie im Rahmen persönlicher oder familiärer Tätigkeiten erfolgt sei. Deswegen sei der sachliche Anwendungsbereich der DS-GVO bereits gemäß Art. 2 Abs. 2c DS-GVO nicht eröffnet. Außerdem wollte er nur zum Fall und den dort aufgeführten Vorwürfen Stellung beziehen.
Entscheidung
Bereits in der Vorinstanz wies das Arbeitsgericht die Kündigungsschutzklage des Klägers ab und erklärte die außerordentliche Kündigung für wirksam. Auch das LAG Baden-Württemberg wies die Berufung des Klägers ab. Die Veröffentlichung der Prozessakte aufgrund der Verletzung des Persönlichkeitsrechts der unbeteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sei rechtswidrig. Die außerordentliche Kündigung sei wirksam. Zu berücksichtigen seien im Rahmen der Wirksamkeitsprüfung regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Vorliegend bedurfte es keiner vorherigen Abmahnung. Diese sei aufgrund der Schwere der vorsätzlichen Pflichtverletzung des Klägers, die sich nicht nur in einem einmaligen Fehlverhalten zeigte, sowie aufgrund der gewollten Weiterverbreitung und Verletzung des informationellen Selbstbestimmungsrechts entbehrlich.
Fazit:
Auch dieses brisante Urteil zeigt, dass das Datenschutzrecht nicht nur im Zusammenhang mit Compliance-Fragen im Unternehmen relevant ist, sondern auch immer öfter im Kündigungsschutzrecht an Bedeutung gewinnt. Bisher ist zwar noch offengeblieben, welches Gewicht dem Urteil im Hinblick auf Whistleblower zukommt, insbesondere unter Beachtung der Tatsache, dass Gerichtsverfahren ohnehin öffentlich sind. Fest steht aber, dass Arbeitnehmer sowie auch Mitglieder des Betriebsrats ihre Pflicht zur Einhaltung der geltenden Gesetze und damit auch der DS-GVO und sonstiger besonderer datenschutzrechtlichen Rechtsvorschriften beachten müssen.