Das LAG Niedersachsen hatte im April mehrere Entfristungsklagen von Arbeitnehmern zu entscheiden, die bereits vor Abschluss ihrer befristeten Arbeitsverträge als Leiharbeitnehmer bei ihrem späteren Arbeitgeber eingesetzt waren. Die Arbeitnehmer hielten die sachgrundlosen Befristungen bei ihrem ehemaligen Entleiher für rechtsmissbräuchlich. Das Landesarbeitsgericht schloss sich dieser Auffassung nicht an. Es gab den Entfristungsklagen in einigen Fällen jedoch gleichwohl statt, da die gesetzliche Höchstüberlassungsdauer überschritten worden war.
Sachgrundlose Befristungen nach Arbeitnehmerüberlassung
Die Kläger waren zunächst sachgrundlos befristet bei einer Leiharbeitsfirma angestellt, die zwar wirtschaftlich mit dem Entleiher verbunden, aber rechtlich selbständig war. Während der gesamten Dauer des sachgrundlos befristeten Arbeitsverhältnisses mit der Leiharbeitsfirma wurden die Kläger an ihren späteren Arbeitgeber überlassen. Im Anschluss an die letzte Arbeitnehmerüberlassung stellte der Entleiher die Kläger unmittelbar auf Grundlage sachgrundlos befristeter Arbeitsverträge ein.
Die Kläger argumentierten, die sachgrundlose Befristung der Arbeitsverhältnisse bei ihrem ehemaligen Entleiher sei rechtsmissbräuchlich, weil sie aufgrund der vorherigen Arbeitnehmerüberlassung insgesamt für nahezu drei Jahre in dem Betrieb eingegliedert gewesen seien. Die Dauer der Überlassung verstoße damit gegen die europäische Leiharbeitsrichtlinie, die eine nur „vorübergehende“ Arbeitnehmerüberlassung zulasse.
Kein Rechtsmissbrauch, aber Vorsicht bei Höchstüberlassungsdauer
Das LAG hat sich dieser Auffassung nicht angeschlossen, sondern maßgeblich geprüft, ob eine Vorbeschäftigung bei dem (ehemaligen) Entleiher im Sinne des § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG bestand. Eine sachgrundlose Befristung wäre dann unzulässig. Bei einem Verstoß gegen das AÜG, insbesondere die Höchstüberlassungsdauer nach § 1 Abs. 1b AÜG, wäre automatisch ein Arbeitsverhältnis mit dem (ehemaligen) Entleiher zustande gekommen. Eine sachgrundlose Anschlussbefristung verstieße dann gegen das Vorbeschäftigungsverbot. Da nicht alle Kläger Gewerkschaftsmitglieder waren und deshalb auf ihre Arbeitsverhältnisse unterschiedliche Regelungen Anwendung fanden, kam das Landesarbeitsgericht insoweit zu abweichenden Ergebnissen:
- Für Nicht-Gewerkschaftsmitglieder galt allein die gesetzliche Höchstüberlassungsdauer von 18 Monaten, die überschritten war. Eine tarifliche Verlängerung der Höchstüberlassungsdauer durch die zwischen dem (ehemaligen) Entleiher und der IG-Metall abgeschlossenen Tarifverträge fand keine Anwendung. Aufgrund der missglückten Arbeitnehmerüberlassung waren die sachgrundlosen Befristungen mit dem ehemaligen Entleiher aufgrund einer Vorbeschäftigung unzulässig.
- Für die Gewerkschaftsmitglieder fanden hingegen die zwischen dem (ehemaligen) Entleiher) und der IG-Metall vereinbarten Abweichungen von der Höchstüberlassungsdauer Anwendung. Die vorherigen Arbeitnehmerüberlassungen waren deshalb wirksam. Mangels einer Vorbeschäftigung mit VW konnte das anschließende Arbeitsverhältnis deshalb sachgrundlos befristet werden.
Fazit
Dem LAG ist darin zuzustimmen, dass weder das AÜG noch das TzBfG sachgrundlose Befristungen bei einem vorherigen Entleiher als rechtsmissbräuchlich verbieten. Der Gesetzgeber hat im Rahmen der AÜG-Reform 2017 bewusst davon abgesehen, befristete Arbeitsverhältnisse im Anschluss an eine Arbeitnehmerüberlassung zu regulieren.
Die Entscheidungen zeigen jedoch auch, dass stets eine gründliche Prüfung der gesetzlichen Vorgaben des AÜG – vor allem für den Entleiher – geboten ist. Zu nennen sind neben der Höchstüberlassungsdauer (§ 1 Abs. 1 Satz 4, 1b AÜG) insbesondere die sog. Drehtürklausel hinsichtlich der Ausnahmen vom Equal Pay (§ 8 Abs. 4 Satz 1 AÜG).