Spätestens seit der COVID-19-Pandemie sind Homeoffice und mobiles Arbeiten in der Arbeitswelt alltäglich geworden. Die praktische Umsetzung ist daher für viele Unternehmen bereits zur Routine geworden. Der Trend geht mittlerweile allerdings dahin, dass vor allem jüngere Mitarbeiter nicht mehr nur im Inland, sondern auch aus dem Ausland mobil arbeiten wollen. Besonders hoch im Kurs steht dabei häufig eine Mischung aus Urlaub und Arbeiten („Workation“). Bereits heute sehen viele Bewerber es als wichtiges Kriterium bei der Wahl ihres Arbeitgebers an, ob die Möglichkeit zur Workation angeboten wird. Dabei ergeben sich – abhängig von Dauer, Ort und Art der Auslandstätigkeit – unter Umständen eine Vielzahl rechtlicher Fragenstellungen und Risiken.
Analog zur klassischen Auslandsentsendung tangiert Workation v.a. die Bereiche Arbeits-, Sozialversicherungs-, Ausländer- und Steuerrecht. Die wesentlichen Aspekte sollen im Folgenden kurz dargestellt werden:
Welches Recht gilt eigentlich?
Zunächst will der Arbeitgeber im Regelfall sicherstellen, dass auch während der Workation weiterhin das deutsche und nicht etwa das ausländische Recht des Urlaubsortes Anwendung findet. Die Frage, welches Recht greift, richtet sich – sofern keine ausdrückliche Rechtswahl getroffen ist – grundsätzlich danach, wo der gewöhnliche Beschäftigungsort (vgl. etwa Art. 8 Abs. 2 Rom-I-VO) des Arbeitnehmers liegt. Im Normalfall ändert eine Workation daher nichts daran, dass auch im Ausland weiterhin deutsches Arbeitsrecht anzuwenden ist. So hat ein vorübergehendes – auf wenige Tage oder Wochen beschränktes – mobiles Arbeiten außerhalb der Bundesrepublik Deutschland regelmäßig keinen Einfluss auf den gewöhnlichen Beschäftigungsort des Arbeitnehmers. Dies kann aber anders sein, wenn der Arbeitnehmer dauerhaft oder überwiegend aus dem Ausland tätig werden möchte. Dann ist eine ausdrückliche vertragliche Rechtswahlklausel – die grundsätzlich bei jeder Auslandstätigkeit empfehlenswert ist – unabdingbar. Die Geltung von deutschem Recht für das Arbeitsverhältnis ändert übrigens nichts daran, dass selbstverständlich die im jeweiligen Staat geltenden zwingenden Arbeitnehmerschutzvorschriften (beispielsweise bzgl. Arbeits- und Ruhezeiten oder Arbeitsschutz) zu beachten sind. So müssen sich beispielsweise auch Arbeitnehmer mit „deutschem Arbeitsvertrag“ selbstverständlich an die in dem jeweiligen ausländischen Staat geltende Höchstarbeitszeit oder die gesetzlichen Feiertage halten, selbst wenn es nach deutschem Recht erlaubt wäre, zu arbeiten.
Was ist mit der sozialen Absicherung?
Ein entscheidender Faktor bei der Durchführung von mobiler Arbeit im Ausland ist die soziale Absicherung des Arbeitnehmers. Regelmäßig wird dabei die Frage aufgeworfen, ob der Arbeitnehmer während der Auslandstätigkeit weiterhin im deutschen Sozialversicherungssystem verbleibt und ob es darüber hinaus zu einer (ungewollten) „doppelten“ Versicherungspflicht im Ausland kommt. Dabei kommt es für die Geltung des Sozialversicherungsrechts nach dem sog. „Beschäftigungslandprinzip“ grundsätzlich darauf an, an welchem Ort die Tätigkeit ausgeführt wird. Es gilt die Grundregel, dass stets dasjenige Sozialversicherungsrecht desjenigen Staates anwendbar ist, in welchem der Arbeitnehmer tatsächlich seine Arbeitsleistung erbringt.
In Abweichung von diesem Grundsatz gilt deutsches Sozialversicherungsrecht im Falle einer vorübergehenden Verlagerung des Beschäftigungsortes vom Inland ins Ausland fort (Ausstrahlung), wenn weiterhin ein aktives Beschäftigungsverhältnis in Deutschland besteht, die Tätigkeit im Ausland von vorneherein zeitlich begrenzt ist und der Arbeitnehmer weiterhin dem Direktionsrecht des deutschen Arbeitgebers unterliegt. Dies gilt auch im Falle einer Workation, die – anders als eine klassische Auslandsentsendung – auf Wunsch des Arbeitnehmers erfolgt. Der GKV-Spitzenverband / DVKA hat in einer Stellungnahme von Juli 2021 ausdrücklich bejaht, dass eine A1-Bescheinigung zu beantragen ist, auch wenn die Auslandstätigkeit auf eigene Initiative des Mitarbeiters erfolgt. Nach Auffassung des GKV-Spitzenverbandes schließt mobile Arbeit im Ausland auf eigenen Wunsch des Arbeitnehmers eine Entsendung im Sinne der Europäischen Verordnung (EG) 883/2004 nicht aus. Bei einer Workation Innerhalb der EU, des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) und der Schweiz muss sich der Beschäftigte daher eine sogenannte A1-Bescheinigung besorgen, um nachzuweisen, dass er über das Heimatland sozialversichert ist. Somit können doppelte Sozialversicherungsbeiträge zuverlässig vermieden werden.
Deutlich komplizierter kann daher die Situation bei Workation außerhalb des Geltungsbereichs der Europäischen Verordnung (EG) 883/2004 sein. Deutschland hat mit vielen Staaten außerhalb der EU bzw. des EWR bilaterale Sozialversicherungsabkommen geschlossen. Diese regeln den sozialen Schutz für Versicherte, die sich im jeweils anderen Land aufhalten und sind zum Teil inhaltlich vergleichbar mit der Verordnung (EG) 883/2004. Allerdings betreffen nicht alle dieser Sozialversicherungsabkommen alle Zweige der Sozialversicherung, sodass es zu doppelten Beitragszahlungen kommen kann. Eine für das Unternehmen oft aufwendige Einzelfallprüfung lässt sich daher nicht vermeiden.
Was ist mit Blick auf das jeweilige Aufenthalts- und Melderecht zu beachten?
Anders als innerhalb der EU, in der das Grundrecht der Freizügigkeit gilt, sodass EU-Bürger in jeden Mitgliedstaat einreisen und arbeiten dürfen, ist bei Workation in sog. „Drittstaaten“ außerhalb der EU die Erwerbstätigkeit in der Regel nur mit einem entsprechenden Aufenthaltstitel möglich. Daher muss insbesondere vor jedem Auslandsaufenthalt in einem solchen Drittstaat stets eine aufenthaltsrechtliche Prüfung durchgeführt werden. Dabei sollten besonders auch mögliche Meldepflichten des jeweiligen Zielortes vorab geprüft werden.
Was gilt bzgl. der Steuer?
Mit Blick auf das Steuerrecht sollten die Arbeitgeber stets frühzeitig einen Steuerberater einschalten, um mögliche Risiken im Zusammenhang mit der Workation von Vornherein zu umgehen. Insbesondere besteht aus steuerrechtlicher Sicht – neben der Begründung einer ausländischen Betriebsstätte – v.a. das Risiko einer möglichen Einkommensteuerpflicht im Ausland. Sofern der Mitarbeiter in Deutschland beschäftigt und ansässig bleibt und nicht länger als 183 Tage pro Jahr im Ausland tätig wird, bleibt es in der Regel aber bei einer Versteuerung in Deutschland.
Fazit
Für Arbeitgeber empfiehlt es sich, angesichts der vielen rechtlichen Herausforderungen, verbindliche Richtlinien für Workation im Ausland zu treffen. Diese sollten u.a. eine Festlegung der anspruchsberechtigten Mitarbeiter, eine Beschränkung der Workation auf bestimmte Länder sowie eine Festlegung der Höchstdauer enthalten. Dadurch können Risiken und unverhältnismäßiger Aufwand minimiert werden. Sofern ein Betriebsrat besteht, können derartige Leitlinien auch im Rahmen einer Betriebsvereinbarung geregelt werden.
Ferner empfiehlt sich der Abschluss einer individuellen arbeitsvertraglichen Zusatzvereinbarung mit demjenigen Mitarbeiter, der Workation durchführen will. So können die genauen Bedingungen der Workation, etwa Dauer, Rückkehrpflichten, Erreichbarkeitszeiten, Arbeitszeiten, Versicherungen, Vorgaben bzgl. Arbeits- und Datenschutz sowie insbesondere die Geltung deutschen Rechts vertraglich festgelegt werden. Auch ist es ratsam, von den Mitarbeitern eine Auslandsreisekrankenversicherung zu verlangen, um etwaige Haftungsrisiken für (nicht erstattete) Krankheitskosten im Ausland zu vermeiden. Die rechtliche Notwendigkeit, die Bedingungen der Workation en detail in Schriftform festzuhalten, ergibt sich bereits aus den Vorgaben des Nachweisgesetzes.