#Karenzentschädigung #Berechnung #RSU
In vielen Arbeitsverträgen vor allem für Führungskräfte finden sich nachverträgliche Wettbewerbsverbote. Im Gegenzug für das nachvertragliche Wettbewerbsverbot ist dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer eine Karenzentschädigung zu zahlen. Wie ist die Entschädigung zu berechnen, wenn der Arbeitgeber Teil eines Konzerns ist?
Zur Verhinderung von Wettbewerbstätigkeiten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot im Arbeitsvertrag vereinbart werden. Nach § 74 Abs. 2 HGB muss dem ausgeschiedenen Arbeitnehmer für die Dauer des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots eine Karenzentschädigung gezahlt werden. Sie muss mindestens die Hälfte der zuletzt bezogenen „vertragsmäßigen Leistung“ entsprechen. Der Begriff der „vertragsmäßigen Leistung“ ist weit zu verstehen. Hierunter fallen grundsätzlich sämtliche Einkommensbestandteile. Das sind beispielsweise Leistungszulagen, Bonuszahlungen, Provisionen, Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie weitere Leistungen. Leistungen Dritter werden nicht zur Berechnung der Karenzentschädigung einbezogen. Wie verhält es sich aber, wenn der Arbeitnehmer Leistungen der (ausländischen) Konzernmutter erhalten hat, sein Arbeitsverhältnis aber mit einer (inländischen) Tochtergesellschaft bestand? Dazu hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) Stellung genommen (BAG Urt. v. 26.4.2022 – 9 AZR 228/21).
Was war passiert?
Der Kläger war bei einer deutschen Tochtergesellschaft beschäftigt, die Mitglied einer internationalen Unternehmensgruppe ist, deren Konzernmutter ihren Sitz in den USA hat. Während des laufenden Arbeitsverhältnisses bezog der in Deutschland tätige Arbeitnehmer Restricted Stock Units (RSUs – beschränkte Aktienerwerbsrechte) von der US-Konzernmutter. Durch einen RSU kann ein Arbeitnehmer nach einer gewissen Sperrfrist Aktien des Unternehmens erhalten. Mit seinem Ausscheiden forderte der Arbeitnehmer ein, dass seine Karenzentschädigung um die Höhe der ehemals erhalten RSUs erhöht wird.
Entscheidung des BAG
Nach Auffassung des BAG sind RSUs grundsätzlich nicht für die Berechnung der Karenzentschädigung zu berücksichtigen, wenn der Arbeitnehmer sie nicht von der (deutschen) Tochtergesellschaft, sondern von der Konzernmutter erhalten hat. Letzteres dürfte bei internationalen Konzernen der Regelfall sein. Eine Berücksichtigung findet nur statt, wenn die (deutsche) Tochtergesellschaft ausdrücklich oder zumindest stillschweigend eine (Mit-)Verpflichtung für die Leistung der Konzernmutter übernimmt. Wann eine (Mit-)Verpflichtung anzunehmen ist, ergibt sich im Einzelfall.
Vor der Entscheidung des BAG bezogen viele Unternehmen RSUs in die Karenzentschädigung mit ein. Die Entscheidung des BAG bringt nun Rechtssicherheit und dürfte für sämtliche Leistungen gelten, die der Arbeitnehmer von der Konzernmutter und nicht seinem Vertragspartner erhalten hat.
Fazit
Gerade bei Führungskräften, die für internationale Konzerne tätig sind, macht ein maßgeblicher Teil der Vergütung RSUs oder andere Aktienprogramme aus. Kommt es nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers zum Streit über die Höhe der Karenzentschädigung, sollte diese BAG-Entscheidung stets im Blick behalten werden. Leistungen der Konzernmutter sind nicht ohne Weiteres berücksichtigungsfähig.