Am 24. Dezember 2022 sind mit dem Gesetz zur Einführung einer Strompreisbremse (Strompreisbremsegesetz – „StromPBG“) und dem Gesetz zur Einführung von Preisbremsen für leitungsgebundenes Erdgas und Wärme (Erdgas-Wärme-Preisbremsengesetz – „EWPBG“) zwei Regelwerke in Kraft getreten, die auf eine Entlastung der von stark gestiegenen Energiepreisen betroffenen Verbraucher abzielen. Auf Grundlage dieser Gesetze können auch Unternehmen staatliche Beihilfen für Mehrkosten aufgrund der gestiegenen Energiepreise gewährt werden.
Beziehen Unternehmen staatliche Beihilfen, so kann ihnen im Gegenzug nach dem StromPBG und dem EWPBG eine gesetzliche Arbeitsplatzerhaltungspflicht auferlegt werden, auf die wir in einem separaten Beitrag vertieft eingegangen sind. Darüber hinaus unterliegen Unternehmen, die Entlastungen in einer bestimmten Höhe in Anspruch nehmen, dem nachfolgend skizzierten Boni- und Dividendenverbot.
Inhalt und Voraussetzungen des Boni- und Dividendenverbots
§ 37a Abs. 1 bis Abs. 3 StromPBG und § 29a Abs. 1 bis Abs. 3 EWPBG sehen Boniverbote für Unternehmen vor, die eine Entlastungsumme von über EUR 25 Mio. beziehen und enthalten insoweit wortgleiche Regelungen mit folgendem Inhalt:
- Unternehmen dürfen bis zum Ablauf des 31. Dezember 2023 Mitgliedern der Geschäftsleitung und Aufsichtsorganen keine Boni und andere variable Leistungen gewähren, die nicht bereits vor dem 1. Dezember 2022 vereinbart oder beschlossen waren.
- Wird eine variable Vergütung von Geschäftsleitern und Aufsichtsorganen an das EBITDA eines Unternehmens geknüpft, muss die dem Unternehmen gezahlte Entlastungssumme bei der Ermittlung des EBITDA unberücksichtigt bleiben.
- Die Grundvergütung von Geschäftsleitern und Aufsichtsorganen wird auf dem Stand vom 1. Dezember 2022 eingefroren; lediglich ein Inflationsausgleich ist zulässig.
Bezieht ein Unternehmen Entlastungen bzw. Förderungen von über EUR 50 Mio., so greifen nach § 37a Abs. 4 und Abs. 5 StromPBG bzw. § 29a Abs. 4 und Abs. 5 EWPBG noch weitreichendere zusätzliche Boni- und Dividendenverbote folgenden Inhalts:
- Mitgliedern der Geschäftsleitung und Aufsichtsorganen dürfen bis zum 31. Dezember 2023 überhaupt keine Boni oder vergleichbare Vergütungen gewährt werden.
- Im Jahr 2023 dürfen keine Dividenden oder sonstige, vertraglich oder gesetzlich nicht geschuldete Gewinnausschüttungen geleistet werden.
Bei der Ermittlung der Entlastungssummen werden Beihilfen nach dem StromPBG und EWPBG zusammengerechnet; darüber hinaus sind weitere Entlastungsmaßnahmen, die in § 2 Nr. 5 StromPBG bzw. § 2 Nr. 4 EWPBG genannt werden, zu berücksichtigen. Hierzu gehören z.B. Entlastungen nach dem Erdgas-Wärme-Soforthilfegesetz.
Anders als der Wortlaut von § 37a StromPBG bzw. § 29a EWPBG zunächst vermuten lässt, ist es nicht nur unzulässig, bis zum 31. Dezember 2023 Boni auszuzahlen; ausweislich der Gesetzesbegründungen dürfen auch keine Boni nach dem 31. Dezember 2023 ausgezahlt werden, sofern sich diese auf den Förderzeitraum 2023 beziehen.
Empfehlung für die Praxis
Bevor Unternehmen im Jahr 2023 die Grundvergütung von Geschäftsleitern und Aufsichtsorganen erhöhen, diesen Boni gewähren oder allgemein Dividenden ausschütten, sollten sie sorgfältig prüfen, ob und in welchem Umfang staatliche Beihilfen aufgrund der gestiegenen Energiepreise in Anspruch genommen wurden. Werden entgegen der in § 37a StromPBG und § 29a EWPBG statuierten Verbote Grundvergütungen erhöht, Boni gewährt oder Dividenden ausgeschüttet, drohen Rückforderungen der in erheblichem Umfang gewährten Entlastungen.
Darüber hinaus dürften die Boni- und Dividendenverbote bei zukünftigen Unternehmensübernahmen eine Rolle spielen. Aufgrund der drohenden Rückforderungen sollte im Rahmen einer Due Diligence sorgfältig geprüft werden, ob in der Zeit vom 1. Dezember 2022 bis zum 31. Dezember 2023 staatliche Beihilfen bezogen und gleichzeitig Geschäftsleitern und Aufsichtsorganen Boni gewährt, Grundgehälter erhöht bzw. Dividenden ausgeschüttet wurden. Dem Risiko von Rückforderungen sollte anschließend durch die Aufnahme entsprechender Regelungen im Unternehmenskaufvertrag begegnet werden.