Im Rahmen einer Arbeitnehmerüberlassung ist es zwingend notwendig, die Vorgaben einer der Erlaubnispflicht des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes (AÜG) zu erfüllen. Kippt aber der Dienstvertrag im Rahmen einer Entsendung einer Mitarbeiterin nach Deutschland hin zu einer Arbeitnehmerüberlassung, unterliegt der „Verleiher“ der Erlaubnispflicht. Fehlt die Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung, handelt es sich um eine verdeckte Arbeitnehmerüberlassung. Das hat dann eine Ordnungswidrigkeit nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 und 1b AÜG sowie die Fiktion eines Arbeitsverhältnisses zum Entleiher nach §§ 9, 10 AÜG zur Folge. Das LAG Baden-Württemberg, Urteil vom 09.04.2021 – 12 Sa 15/20 sah dies ebenso.
Was war passiert?
Die Klägerin wurde im Rahmen eines Dienstvertrages zwischen ihrem französischen Vertragsarbeitgeber und der Beklagten als Technikerin/Beraterin an die Beklagte entsandt und übte Tätigkeiten in den Bereichen Vertrieb und Administration aus. Die Klägerin wurde im Zeitraum von Oktober 2014 bis April 2016 bei der Beklagten tätig. Unter anderem sollten Supportleistungen für internationale Kunden der Beklagten sowie das Management des Teams für Vertrieb und Administration der Beklagten durch die Klägerin erbracht werden.
LAG Baden-Württemberg: Vertrag und tatsächliche Durchführung deuten auf Überlassung hin.
Das LAG Baden-Württemberg nahm in diesem Fall eine „verdeckte“ Arbeitnehmerüberlassung an und begründete das damit, dass sowohl aus dem vereinbarten Angebot mit dem Arbeitgeber der Klägerin und der Beklagten als auch aus der praktischen Umsetzung des Dienstvertrages sich eine Arbeitnehmerüberlassung ergeben habe. Bestimmte vom Betriebsgeschehen der Beklagten abgrenzbare und selbst organisierte Dienstleistungen durch den Arbeitgeber der Klägerin ergaben sich aus den Vereinbarungen nicht. Insbesondere gab das Dienstleistungsangebot nichts für den Eintritt eines bestimmten Erfolgs her. Das LAG Baden-Württemberg stützte sich für seine Auffassung, es habe verdeckte Arbeitnehmerüberlassung vorgelegen, vor allem auf folgende Gesichtspunkte:
- Laut der Vertragsvereinbarung sollte die Beklagte festlegen, inwieweit es zu welchem Thema im Rahmen von Supportleistungen der Unterstützung bedarf und rief diese durch entsprechende Anweisung des überlassenen Technikers ab.
- Zudem setzte das Management des Teams für Vertrieb und Administration durch die Klägerin laut Vertragsvereinbarung eine Eingliederung in die Betriebshierarchie der Beklagten voraus. Die Klägerin konnte das Team nur managen, wenn sie diesem gegenüber zumindest fachlich weisungsbefugt war.
- Außerdem konnte nur die Beklagte die nicht näher definierten Unterstützungsleistungen, bei Bedarf durch Zuweisung entsprechender Aufgaben an den Techniker organisieren. Dem entsprach auch die praktische Durchführung der beiderseitigen Vertragsbeziehung seit dem Arbeitsantritt der Klägerin bis zu ihrem tatsächlichen Ausscheiden.
Im Ergebnis stellte das LAG das rückwirkende Bestehen eines Arbeitsverhältnisses zwischen Klägerin und Beklagter fest. Aufgrund einer fehlenden Rechtswahlklausel zwischen dem französischen Unternehmen und der Beklagten, war nach Art. 8 Abs. 2 ROM I-VO das AÜG anzuwenden. Insbesondere trifft auch einen französischen „Verleiher“ aufgrund des Territorialprinzips die Erlaubnispflicht aus dem AÜG.
Fazit
Es bleibt festzuhalten, dass der Drittpersonaleinsatz im Rahmen von Werk- oder Dienstverträgen erheblichen Risiken ausgesetzt ist, wenn die jeweiligen Vertragswerke eine klare Formulierung der geschuldeten Leistung nicht enthalten (fehlen einer ausreichenden Leistungsbeschreibung). Von besonderer Bedeutung ist im Rahmen der Leistungserbringung die tatsächliche Durchführung, die Weisungen oder eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Dienstgebers unter keinen Umständen Vorschub leisten darf.